Diplomarbeit
Vor 1945 entlehnte Anglizismen wie Boot, Import, Export, Ballade, Parlament; scalpieren, importieren; sentimental, bombastisch usw voll ins Deutsche integriert worden sind und als deutsche Wörter gelten können.
Sie unterscheiden sich in Schreibung, Lautung und Flexion nicht von deutschen Substantiven, Adjektiven, Verben etc. und sind vom Nicht-Fachmann nicht mehr als nicht-deutschen Ursprungs erkennbar..
Eine Schwierigkeit liegt nun aber darin begründet, dass es auch nach 1945 entlehnte englische Wörter gibt, die sich ebenso wie die vor 1945 übernommenen in jeder Hinsicht wie deutsche Wörter verhalten, z.B. Hit, Pop, Sex.
Die zweite Schwierigkeit ist in der Tatsache zu sehen, dass es vor 1945 entlehnte Anglizismen gibt, die auch nach 1945 noch produktiv waren, d.h. ihre Bedeutung veränderten, erweiterten, die in neuen Kollokationen auftraten, die vor 1945 in ihrer Verwendung vorhandene Beschränkungen aufgaben oder anderen Veränderungen unterlagen.Einige Beispiele zeigen diesen Prozess: Bar ist bereits bei Sanders (1871) gebucht, hat seine Bedeutung im Deutschen aber seither verändert und bezeichnet heute nicht mehr nur den Schanktisch und das kleine Lokal, sondern etwa in Milchbar ein kleines Lokal, in dem man nicht-alkoholische Getränke zu sich nehmen kann, in Schuhbar einen Stand, an dem Schuhe repariert werden.. Cocktail ist heute nicht mehr auf alkoholische Mischgetränke beschränkt, sondern kann auch allgemein 'Mischung' bedeuten (Krabben-, Frucht-, Film-cocktail etc.; Molotow-Cocktail). Einen Pudding an die Wand nageln ist ein sehr neuer Phraseologismus, enthält aber den alten Anglizismus Pudding, der heute auch in Komposita wie Auto-Pudding vorkommt und nicht mehr nur 'Süssspeise' bedeutet. Film ist ein alter Anglizismus im Deutschen, aber die Bedeutung 'dünne Schicht auf der Oberfläche von etw.' und die Wendungen ihm ist der Film gerissen und (jugendsprachlich) er filmt es nicht sind nach 1945 entstanden.
4.Fachsprachen
Es werden hier Anglizismen behandelt, die man auch als fachsprachliche Wörter bezeichnen könnte.Es handelt sich um Wörter, die in den das Korpus bildenden Zeitungen, Zeitschriften, Magazinen etc.vorkommen, so dass – rein theoretisch – davon ausgegangen werden kann, dass sie dem Leser der Zeitung, Zeitschrift etc. bekannt sind und sogar von diesem Leser selbst verwendet werden (könnten).
Schon die verschiedenen Sparten und Rubriken einer Zeitung, Zeitschrift etc. wie Politik, Wirtschaft, Feuilleton, Sport etc. zeigen an, dass Pressepublikationen auch fachsprachliches Vokabular enthalten. Der Leser einer solchen Publikation wird sich zwar nicht für alle Bereiche, die in einer Zeitung behandelt werden, interessieren und den verschiedenen Bereichen unterschiedliches Interesse entgegenbringen. Dennoch sollten die Printmedien oder die elektronischen Medien nicht zu viele fachsprachliche Begriffe enthalten, da sich Probleme bezüglich der Verständlichkeit ergeben könnten.
Daher werden in den Medien bei neuen oder schwer verständlichen fachsprachlichen Begriffen dem Leser, Seher oder Hörer häufig Erklärungen geliefert.
Besondere Aufmerksamkeit wird den Anglizismen geschenkt, die in Bereichen vorkommen, die zum Lebensstil des modernen Menschen gehören wie etwa die Freizeitindustrie, die Unterhaltungselektronik, der Sport etc. Mit anderen Worten: Der fachsprachliche Wortschatz der modernen Touristik wird eher berücksichtigt als der in der Astronomie vorkommende.
Wenn ein Anglizismus im fachsprachlichen Wortschatz der im Korpus zusammengestellten Quellen, nicht-fachsprachlichen Publikationen, häufiger vorkommt, kann wohl davon ausgegangen werden, dass er zum Vokabular der Standardsprache gehört oder auf dem Wege dahin ist. Joint venture ist ein aktuelles Beispiel.
Dennoch gibt es auch hier problematische Erscheinungen:Ein spezielles Problem ergibt sich beim Anzeigenteil von Tageszeitungen. Er wurde ebenso wie die Anzeigen in Zeitschriften, Magazinen, Illustrierten etc. im Korpus berücksichtigt, da auch hier die Annahme gilt, dass eine Annonce, Werbetexte. Reklame etc. nach Möglichkeit jeden Leser erreichen muss, d.h. keine Wörter enthalten darf, die im standardsprachlichen Vokabular nicht bekannt sind. Dafür gibt es Ausnahmen in der Werbesprache, die gelegentlich von der standardsprachlichen Norm abweicht, um die Aufmerksamkeit des Lesers zu erregen.
Ein besonderes Problem ergab sich bei aus dem Englischen stammenden Berufsbezeichnungen wie Art-Director, Layouter, Sales Manager, Visualizer etc., die primär in Stellenanzeigen vorkommen, aber vornehmlich oder nur Interessenten bekannt sein dürften, die selbst in der jeweiligen Branche tätig sind. Solche Berufsbezeichnungen könnte man daher als fachsprachlich bezeichnen.
5.Einige Tendenzen zur Neubildungen
In dieser Arbeit werden aus oder nach englischem Vorbild entstandene freie und gebundene Morpheme, Komposita und Mehrwortlexeme behandelt. Bildungen aus zwei oder mehr Lexemen hingegen bieten eine Reihe von Problemen, die nachfolgend zu erörtern sind.
Es gibt eine zunehmende Tendenz, Wortgruppen zu einem Wort zusammenzufassen; aus Wortmehrheiten werden Worteinbeiten. Die Zusammenfassung von Wortgruppen zu Worteinheiten beginnt schon in der Sprachgeschichte des Mittelalters; sie hat in der deutschen Gegenwartssprache Ausmasse angenommen, wie sie in kaum einer anderen europäischen Sprache zu beobachten sind, trotz >Unbegreiflichkeit< im Englischen: Während man bei den meisten Entwicklungstendenzen, vor allem im Bereich der Syntax und der Morphologie, eine Veränderungsrichtung von der Synthese zur Analyse beobachtet, kann man im Bereich der Wortbildung eine Tendenz der Synthese registrieren.
Für die starke Zunahme der zusammengesetzten und abgeleiteten Lexeme sind folgende Gründe zu nennen:
1. Der ungewöhnlich grosse Benennungsbedarf in allen Bereichen des modernen Lebens sowie das Streben nach sprachlicher Differenzierung in vielen Sach- und Fachbereichen;