Die Judenverfolgunfg im Dritten Reich (1941-1942)
Lodz, den 14. November 1939.
Der Regierungsprдsident zu Kalish
Ьbelhцr”.
Hinter den ganz offiziell und absolut neutral klingenden Wцrtern versteckt sich der Begriff “Ghetto”. Eine von Hдflingen Mary Berg beschreibt in irhen Tagebьchern, die sie spдter (“Zwei Jahre im Warschauer
Ghetto”) genannt und verцffentlicht hat, ihr Leben darin. Jede Seite ist ein kompromissloses Zeugnis und eine offene Beschuldigung:
“15. November 1940.
Heute wurde das judische Ghetto offiziell eingerichtet. Es ist den
Juden verboten, sich ausserhalb seiner Grenzen zu bewegen, die von bestimmten Strassen gebildet werden. Es herrscht grosse Aufregung. Die menschen eilen nervцs in den Strassen hin und her und geben flьsternd
Gerьchte weiter, eines phantastischer als das andere.
Die Arbeit an den Mauern, die fast drei Meter hoch werden sollen, hat schon begonnen. Von Nazi-Soldaten bewacht, schichten jьdische Mauer Ziegel auf Ziegel. Wenn einer nicht schnell genug arbeitet, wird er von den
Aufsehern geschlagen. ich muss an unsere Sklaverei in Дgypten denken, wie sie in der Bibel beschrieben ist. Aber wo ist der Moses, der uns aus dieser neuen Knechtschaft fьhren wird?
Am Ende der Strassen, die noch nicht vцllig fьr den Verkehr gesperrt sind, stehen deutsche Wachen. Deutsche und Polen dьrfen das abgesperrte
Viertel betreten, aber keine Pakete bei sich tragen. Das Gespenst des
Hungertodes steht uns allen vor Augen”.
Die Nazisverbrecher дusserten eine feine Erfindlichkeit beim
Einrichten des Ghettos. Als hдtten sie vorausgesehen, dass sie fьr ihre
Taten Verantwortung tragen werden (nicht die propagierte, sondern ganz reale), machten sie alles so, dass es die Mцglichkeit gab, sich in einem
Gerichtsprozess zu verteidigen. Ein jeder Nazi, sogar derjenige, der ein unmittelbarer Vollzieher der Rassentheorie, konnte die Beschuldung ablehnen. Er hatte immer das Argument, er habe Folge dem Befehl des
Obergestellten geleistet, wenn das aber nicht funktionierte, er hatte noch eine Chance, und zwar: er selbst habe niemanden totgeschlagen oder geschossen. Die Juden starben selber. Er weiss nicht, woran das gelegen habe - vielleicht am Hunger oder an der Kдlte. Diese Erscheinung befanden sich aber ausserhalb seiner Befugnisse.
Inzwischen funktionierte der Mechanismus des Massenmordes weiter.
Kдlte, Hunger, Blokade und Beschrдnkung der Bewegungen arbeiteten mit
Nazis Hand in Hand zusammen:
“4. Januar 1941.
Das Ghetto liegt im tiefen Schnee. Es ist schrecklich kalt, und keine
Wohnung ist geheizt. Wo ich auch hingehe, finde ich die Menschen in Decken gehьllt oder unter Federbetten zusammengekauert, soweit diese warmen