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Hexenverfolgung am Beispiel von Anton Praetorius

Abbildung oben: Folter

Christliche Gegner der Hexenprozesse

Weitgehend in Vergessenheit geraten ist, dass es damals innerhalb der Kirche kritische Stimmen und engagierte Gegner der grausamen Folter und Hexenverfolgung gegeben hat. Lediglich das Engagement des katholischen Jesuiten Friedrich Spee von Langenfeld ist auch bei evangelischen Christen bekannt. Anonym gab er das Buch "Cautio criminalis" heraus.

Schon 30 Jahre früher kämpfte der reformierte Pfarrer Anton Praetorius gegen die Hexenverfolgung. Unter den verdienstvollen Männern, die im 17. Jahrhundert "der damals so schrecklich wütenden Hexenverfolgung mutig entgegentraten, gebührt eine Ehrenstelle dem wackeren Anton Praetorius", schreibt Dr.Otto Schnettler, Beckumer Kreiskalender 1928. Auch im Schieferbergbau- Heimatmuseum Schmallenberg - Holthausen stößt man auf seinen Namen: "Der erste Westfale, der sich gegen die Hexenverfolgung wandte, war der gebürtige Lippstädter Anton Praetorius" (A. Bruns, Landesarchivdirektor a.D., Münster: Hexengerichtsbarkeit im kurkölnischen Sauerland, Schieferbergbau- Heimatmuseum Schmallenberg - Holthausen, 1984, S. 234).

Zu Unrecht ist dieser mutige protestantische Prediger fast in Vergessenheit geraten. Anton Praetorius trat öffentlich gegen Folter und Hexenprozesse ein. Wegen seiner schonungslosen Kritik an den die menschenunwürdigen Prozesse und Gefängnissen seiner Zeit wird er als Vorläufer von "amnesty international" bezeichnet.

Das Leben des Anton Praetorius

Geboren wird er 1560 als Sohn von Matthes Schulze in Lippstadt. Als Jugendlicher erlebt er Hexenprozesse mit, die mit Folterungen und Hexenverbrennungen einhergehen. Seine Ausbildung zum Lehrer veranlasst ihn, seinen Namen ins Lateinische zu setzen. Alte Urkunden im Archiv in Kamen belegen, dass er 1586 Rektor der Lateinschule zu Kamen wird. Praetorius heiratet und sein erster Sohn Johannes wird in Kamen geboren, doch dann hat seine Frau drei Fehlgeburten und stirbt. Seine nächste Frau stirbt an der Pest kurz nach der Hochzeit. Schließlich heiratet Praetorius die Tochter eines hessischen Pfarrers in der Nähe der Stadt Lich.

Der Hexenprozess 1597: Wendepunkt seines Lebens

Später wirkt Praetorius als reformierter Hofprediger in Birstein im heutigen Hessen im Büdinger Land. Dort wird er vom Grafen am 4. Mai 1597 zum Mitglied des Gerichtes gegen vier Frauen berufen, die als Hexen angeklagt sind. Die Frauen werden gefoltert, um ein Geständnis von ihnen zu erpressen. Doch der Pfarrer Anton Praetorius erträgt die Schreie der gequälten Frauen nicht länger. Offen wendet er sich gegen den unmenschlichen Prozess, sodass der Schreiber der gräflichen Kanzlei vermerkt: "weil der Pfarrer alhie heftig dawieder gewesen, als man die Weiber peinigte, also ist es diesmal deßhalben unterlassen worden, da er mit großem Gestüm und Unbescheidenheit vor der Tür angericht den Herrn D. (= Dominum, d.h. den Grafen) angefordert und heftig contra Torturam geredet."

Abbildung: Auszug aus dem Protokoll des Hexenprozesses von 1597

Konsequenzen für den HofpredigerWill heißen: Der Pfarrer wettert derart gegen die Folter, dass der Prozess beendet und die noch lebende Gefangene freigelassen wird. Dies ist der einzig überlieferte Fall, dass ein Geistlicher während eines Hexenprozesses offen die Beendigung der unmenschlichen Folterungen verlangt - und Erfolg hat. Leider stirbt die Frau wenige Tage danach an den Folgen der Torturen. Der Graf ist über das Auftreten seines Hofpredigers außer sich, aber Anton Praetorius kommt mit dem Leben davon. Er fällt in Ungnade und wird entlassen. Schließlich findet er in der Nähe von Heidelberg im reformierten Dorf Laudenbach eine neue Pfarrstelle. Dort schreibt er zunächst unter einem Pseudonym und dann 1602 unter seinem eigenen Namen ein engagiertes Buch gegen die unchristlichen Hexenprozesse: "Gründlicher Bericht über Zauberey und Zauberer". Er ist Christ, und seine alleinige Richtschnur ist die Bibel. Nach diesem Maßstab "sola scriptura" legt er dar, dass die lange Haft und Folter von Unschuldigen dem Geist und dem Buchstaben des Evangeliums widerspricht. Schonungslos attakiert er in seiner schlichten, bibelfesten Frömmigkeit Hexenrichter und ihre Obrigkeiten: "Oder denket ihr Menschenkinder, die ihr richtet, daß ihr dem Urteil Gottes entrinnen werdet? - O nein, o nein, liebe Herren, das wird euch nicht durchgehen..." Die Fürsten bekommen zu hören: "Liebe Herren, wie lange soll die Ehre Gottes unter euch also geschändet werden?"

Abbildung unten: Titelseite von Praetorius Bericht von 1602

Vorsicht - Teufelsbuhle

Doch in diesen Zeiten muss man vorsichtig und klug vorgehen, sonst landet man selbst schnell auf dem Scheiterhaufen als "Teufelsbuhle", als Freund der Hexen. Praetorius trifft eine Vorsichtsmaßnahme, indem die erste Auflage des Buches unter einem anderen Namen herausgegeben wird. "Dass ich meinen Namen nicht genannt habe, ist wohlweislich geschehen, dieweil es in unseren trübseligen Zeiten mehr denn gefährlich ist, die Obrigkeiten und Richter anzutasten und den Fürsprecher für Hexen und Unholden zu machen, wie solches durch viele Exempel offen und am Tage". Anton Praetorius wählt als Pseudonym den Namen seines dreizehnjährigen Sohnes Johannes Scultetum aus Kamen in Westphalen. Johannes Scultetum, das ist Johannes Schultze, und Schultze - das ist der frühere Namen von Anton Praetorius. Dieses Pseudonym hat lange Zeit dazu geführt, daß selbst gelehrte Forscher über Jahrhunderte hinweg dieses Werk nicht mit Anton Praetorius in Verbindung gebracht haben.

Viele Prominente unterstützen Praetorius in ganz Deutschland


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