Hermann Hesse
Daraufhin besucht er das Göppinger Gymnasium zur Vorbereitung auf das Landexamen. Dort gefällt es ihm sehr gut.
So schreibt der Zwölfjährige an seine Schwester Adele:
"Lustig ist es und nett
In Göppingias Hallen
wo des Stadtbaches Wut
Schäumend am Ufer sich bricht.
Da kommt man in einen rechten Eifer. Da schafft man recht gern. Besonders in der Religion ist Herr Rektor sehr nett. Über ein einziges Wort kann er stundenlang sprechen. Da lernt man viel..."Der Erfolg seiner Göppinger Schulzeit zeigt sich in dem 1891 bestandenen Landexamen. Hesse darf nun das Maulbronner Klosterseminar besuchen. Doch diese Maulbronner Zeit verläuft für Hesse, der inzwischen vierzehn Jahre alt geworden ist, weniger erfreulich, sondern krisenhaft und verbunden mit Versuchen, vor der Wirklichkeit zu fliehen.
'Unterm Rad'
1906 schreibt Hermann Hesse den Roman "Unterm Rad". Dieses Werk ist größtenteils autobiographisch und handelt von einer krisenhaften Zeit in seiner Jugend. Mit diesem Buch versucht Hesse, seine schlimmen Erlebnisse zu verarbeiten.
Er selbst schreibt viele Jahre später:
"Es war die Zeit, die ich, auch da noch unsicher genug und weit vom wirklichen Verstehen und Überwundenhaben entfernt, zehn Jahre später in der Erzählung 'Unterm Rad' zum ersten Mal zu beschwören versucht habe. In der Geschichte und Gestalt des kleinen Hans Giebenrath, zu dem als sein Mit- und Gegenspieler sein Freund Heilner gehört, wollte ich die Krise jener Entwicklungsjahre darstellen und mich von der Erinnerung an sie befreien, und um bei diesem Versuche das, was mir an Überlegenheit und Reife fehlte, zu ersetzen, spielte ich ein wenig den Ankläger und Kritiker jener Mächten gegenüber, denen Giebenrath erliegt und denen einst ich selber beinahe erlegen wäre: der Schule, der Theologie, der Tradition und Autorität."
Hermann Hesse versucht schon früh, sich von dem Druck und Zwang, der auf ihn ausgeübt wird, zu befreien. Er kann und will das Leben nicht annehmen, das für ihn bestimmt ist. Er kämpft für seine Individualität gegenüber der breiten Masse, was schließlich zu einer schweren Krise führt, die Hermann Hesse überwindet, der aber Hans Giebenrath in 'Unterm Rad' erliegt.
Da ich mich ausführlicher mit dieser Jugendkrise von Hermann Hesse beschäftigt habe, welche in dem Buch "Unterm Rad" geschildert wird, habe ich den Inhalt dieses Buches relativ ausführlich zusammengefasst:
Hans Giebenrath lebt in einer kleinen Stadt im Schwarzwald. Sein Vater ist Zwischenhändler und Agent und somit ein "normaler" Bürger. Sein Sohn ist jedoch anders. Hans ist ein sehr begabter und intelligenter Junge und gilt als etwas Besonderes. Deshalb wird er besonders gefördert, denn er soll am Landexamen teilnehmen und es bestehen, damit er das Maulbronner Klosterseminar besuchen darf. Da die meisten Kameraden von Hans weniger begabt sind, ist er der größte Stolz der Stadt und es wird besonders viel von ihm erwartet. Hans bekommt zusätzlich zum Schulunterricht in vielen Fächern Zusatzunterricht, um bestmöglich auf das Examen vorbereitet zu werden. Dadurch hat er kaum Freizeit, keine Freunde und keine Zeit mehr für seine früheren Hobbys. Durch die hohen Erwartungen, die sein Vater, der Stadtpfarrer und der Rektor in Hans setzen, ist Hans stark unter Druck gesetzt. Er will niemand enttäuschen, arbeitet deshalb oft bis spät in die Nacht und leidet ständig unter Kopfschmerzen. Kurz vor dem Examen wird sich Hans bewusst, wie sehr sich sein Leben verändert hat, seitdem alle nur 'das Beste' für ihn wollen.
"Er dachte an die Zeit, da er das alles gebaut und geschnitzt und seine Freude daran gehabt hatte. Es war auch schon zwei Jahre her - eine ganze Ewigkeit. (...) Dabei fiel ihm sein Schulfreund August ein. Der hatte ihm geholfen, das Wasserrad zu bauen und den Hasenstall zu flicken. Nachmittage lang hatten sie hier gespielt, mit der Schleuder geschossen, den Katzen nachgestellt, Zelte gebaut und zum Vesper rohe gelbe Rüben gegessen. Dann war aber die Streberei losgegangen, und August war vor einem Jahr aus der Schule getreten und
Mechanikerlehrling geworden."
Nachdem Hans das Examen in Stuttgart bestanden hat, ist er glücklich und erleichtert, denn damit hätte er nicht gerechnet. Nach diesem großen Erfolg hat Hans Ferien, in denen er sich erholen kann, und er beginnt wieder zu angeln. Es macht ihm großen Spaß, bis ihm der Stadtpfarrer vorschlägt, Hans in den Ferien in Griechisch zu unterrichten, damit er im Seminar in seinen Leistungen nicht nachlässt. Außerdem bekommt Hans auch noch Mathematik- und Hebräischstunden und hat von da an ein schlechtes Gewissen, wenn er angeln geht. Er konzentriert sich jetzt wieder ganz auf seine Leistungen und opfert seine Freizeit den Vorbereitungen auf das Seminar.
"Die Arbeit stand nun wieder in erfreulichster Blüte, und wenn Hans je und je doch wieder eine Stunde angelte oder spazieren lief, hatte er ein schlechtes Gewissen."