Forschungsgebiet, Gegenstand und Aufgaben der Stilistik
1.Forschungsgebiet, Gegenstand und Aufgaben der Stilistik. Mikro- und Makrostilistik.
2.Stil: die Definition des Begriffs. Funktionaler Stil und Gattungsstil. Der Individualstil.
3.Stilfärbung und ihre abarten: funktionale Stilfärbung und semantisch- expressive Stilfärbung.
Die Stilistik ist ein Zweig der philologischen Wissenschaften. Sie verfügt über ein speziefisches Forschungsgebiet und besitzt ihre Aufgaben.
Stilistik ist die Lehre von sämtlichen Stilen einer Nationalsprache, von ihren Beziehungen zueinander und ihren gegenseitigen Durchdringen. Sie untersucht die sprachlichen Verwendungsweisen nicht nur auf dem Gebiet der schönen Literatur, sondern auch auf allen Gebieten des Gesellschaftsleben. Untersucht werden die Stile mit allen ihren Untergruppen, den sogenannten Gattungsstilen, sowie ihre individuelle Verwendung von einzelnen Persönligkeiten. Die Erforschung des literarisch-künstlerischen Stils mit allen seinen Komponenten überschreitet den Rahmen der Stilistik, sie gehört zu den Aufgaben der Literaturwissenschaft. Sobald wir uns mit Textanalyse befassen, sind Überschneidungspunkte zwischen Stilistik und Literaturwissenschaft nicht zu umgehen.
Der Gegenstand der Stilistik umfaßt vier große Fofschungsgebiete:
1.Lehre von der Vervendung der sprachlichen Ausdrucksmittel. Dazu gehört die Untersuchung aller dem mündlichen und schriftlichen Verkehr zu Gebote stehenden Ausdrucksmittel und ihre Erklärung als Bestandteile eines einheitlichen Sprachsystems. Ferner Analyse ihrer Verwendung in den verschiedenen funktionalen Stilen.
2.Geschichte des Stils. Hierher gehört die Untersuchung der einzelnen Stiltypen in ihrer historischen Entwicklung, d. h. monographische Analyse einzelner Stile im Längsschnit der Zeit.
3.Lehre von den Individualstilen. Hierher gehört die Untersuchung von Einzelstilen bedeutender Wissenschaftler, Publizisten, Diplomaten ... In diesem Teil der Stilistik soll gezeigt werden, wie der Eizelstil größer Meister auf die Sprach- und Stilnormen der Epoche Einfluß ausübt.
4.Lehre von den sprachlichen Individualstilen in der schönen Literatur. Hier grenzt die Stilistik mit der Literaturwissenschaft.
Zu der theoretischer Stilistik gesellt sich die angewandte Stilistik, die sog. Sprach- und Stilinterpretation. Theoretische und angewandte Stilistik gehören als Theorie und Praxis einer Wissenschaft untrennbar zusammen.
An die Grundsatzfragen der Stiltheorie kann man aus makrostilistischen und mikrostilistischen Sicht hereingehen. Die Differenzierung zwischen Makro- und Mikrostilistik ist seit 1975 zunächst von Risel vertreten worden (Risel/Schendels 1975), später von Sowinski (1983) ergänzt und erweitert worden.
Aufgabe der Mikrostilistik ist: die stil. Leistungen der sprachlichen Einheiten aller Ebenen zu erkennen und zu systematisieren. Zu der funktionalen Mikrostilisik rechnen wir den stilistischen Aspekt der Linguistik. Dazu gehören die stil. Lexikologie, Phraseologie, stil. Morphologie und Syntax, stil. Wortbildung und Phonostilistik. Mikrostilistik bildet das Fundament für die Makrostilistik.
Aufgabe der Makrostilistik ist die Erforschung des Stils als Komplexerscheinung. Zur Makrostilistik zählen wir die Funktionalstilistik (Beschreibung der einzelnen Stilen durch Registrierung der quantativen und qualitativen Anwendungsnormen in dem kommunikativen Bereich des Gesellschaftsverkehrs) und Textinterpretation.
Wir müssen auch wissen, welche Sprachnormen für diesen oder jenen Stil der schriftlichen und mündlichen Literatursprache zu einem bestimmten Zeitpunkt gültig sind, und damit berühren wir den Begriff der Stilnormen.
Es gibt verhältnismäßig wenige abstrakte Begriffe im Bereich der Sprach- und Literaturwissenschaften, die einen derart großen Bedeutungsumfang und entsprechend weiten Verwendungsbereich haben, wie das Wort “Stil”. Es gibt eine Vielfalt von Definitionen. Genauere Untersuchungen dieser Komplexität zeigen jedoch, dass in den zahlreichen Stildefinitionen eigentlich nur unterschiedliche Aspekte des mehr oder weniger gleichen Gegenstandes vorliegen, die erst in der Zusammenschau der berechtigten Einzelperspektiven das Phänomen “Stil” kennzeichnen.
E. Riesel in ihrem Buch ”Stilistik der deutschen Sprache” behauptet, dass die Vieldeutigkeit des Wortes “Stil” seine strenge Abgrenzung gegen die Fachausdrücke „Sprache“ und „Rede“ erfordert. Wenn wir unter Sprache eine spezifische Struktur, ein System von lexischen, grammatischen und phonetischen Mitteln verstehen, dass zur Verständigung im Gesellschaftsverkehr dient, so stellt die Rede die Verwendung des sprachlichen Zeichensystems in konkreten Sprech- und Schreibakten dar. Rede ist demnach sprachliche Äußerung (Information) zu bestimmten Mitteilungszwecken in bestimmter Sprechsituation.Die Tatsache, dass die Sprache ganz verschiedenen und immer komplizierten Sphären der menschlichen Tätigkeit als wichtigstes Verständigungsmittel dienen muß, führt zwangsläufig zur Vervolkommnung ihres Systems, zu einer funktionalen und expressiven Differenzierung ihrer Außdrucksmögligkeiten.